Lenbachhaus und Villa Stuck: Wenn's im Biergarten zu heiß ist

Datum: 30. Juni 2014
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Vor kurzem stellte ich beruflicherweise sommerliche Tipps für einen Kurztrip nach München zusammen und verbrachte auch selbst ein paar Tage in der Bayerischen Landeshauptstadt. Das Hotel war gut und zentral gelegen, die Biergärten waren schön – aber über allem brütete eine tropische Hitze. Ein Zimmernachbar verschaffte sich des Nachts in der Dusche mehrfach Abkühlung. Was also sollte man tagsüber tun, um keinen Sonnenstich zu kriegen und den Kreislauf zu schonen?

Der Morgen begann ultramarinblau – was also gibt es besseres als einem solchen Tag den „Blauen Reiter“ zu widmen, dachte ich und fuhr zum Lenbachhaus. Nach kurzem bewundernden Blick auf den „neuen Bau“, einer gelungenen Verbindung aus Alt und Neu, betrat ich die heiligen Hallen.

Es empfingen mich angenehm temperierte Räume, mit Gemälden, die Kunstgeschichte geschrieben haben. Die Bilder von Kandinsky, Franz Marc, Gabriele Münter und August Macke bringen in ihrer Farbenpracht noch heute die Seele zum Leuchten. Besonders gefiel mir an diesem Vormittag eine orientalische Impression von August Macke „Türkisches Café“, das vor genau 100 Jahren entstanden ist. Darauf wird ein sehr typischer Eindruck in ein paar wenigen kräftigen Farben und klaren Formen hergestellt. Und irgendwie dachte ich beim Anblick darüber nach, warum Hitze im Orient soviel besser zu ertragen ist als in München. Vielleicht deshalb, weil man einfach still bei einem Tee in einem kühlen Hof sitzen darf…und diesen kühlen Hof fand ich am Nachmittag des gleichen Tages auch noch – aber davon später.

Die Hitze zwingt jedenfalls zu einer gewissen Gelassenheit – man geht langsamer, verweilt oder setzt sich gar. So saß ich wenig später vor einem faszinierenden Purpurrot von Rupprecht Geiger – ein Meer vielleicht vor Sonnenuntergang – jedenfalls ein Rotton, in den man sich minutenlang versenken kann und der viel mehr ist als nur ein Rot.

Nach meinem langsamen Gang saß ich mit einem Buch über das Lenbachhaus und den „Blauen Reiter“ im Museumscafé „Ella“ und schmökerte im luftigleichten Ambiente, gestaltet von Norman Foster bei einem wunderbar starken Cappucino mit mikrofeinem Schaum in meinen erbeuteten Büchern. Hier muss vielleicht einmal erwähnt werden, dass Museumscafés sich in den letzten Jahren sehr gemausert haben und zu wahren Oasen geworden sind, die auch allein einen Besuch lohnen – das war mir schon zuletzt in Wien und Berlin aufgefallen. Es gibt dort meist feinsten Kaffeegenuss von einem erfahrenen Barrista zubereitet und erlesenste Backwaren, denen man kaum widerstehen kann.

Eine Darstellung der „Salomé“ von Franz von Stuck, diese wohl für Männer und Frauen gleichermaßen faszinierende Darstellung des Weiblichen lockte mich zur Villa Stuck. Na gut, ich gebe es zu, es war auch das Museumsticket des Lenbachhauses, das einen verbilligten Besuch anpries. Mit dem praktischen Museumsbus der Linie 100, der alle Kunsthäuser miteinander verbindet, war ich schnell an Ort und Stelle, gegenüber dem Friedensengel.

Die Villa selbst ist ein hinreißender Mikrokosmos eines Künstlerhauses zwischen Tag und Traum oder Okzident und Orient – und eigentlich sehr weiblich gestaltet – jedenfalls erlauben sich wenige Männer solch prächtigen Firlefanz: Die Wände verkleidet mit byzantinischen Mosaiken in Blau und Blau und Blau und Gold, an der Decke Sternbilder und Tierkreiszeichen, die Böden aus kunstvoll mehrfarbigem Parkett und als Möbel verschnörkelte Sessel und Ottomanen – natürlich mit Goldbrokat bezogen oder sowas. Ich fühlte mich sehr angenehm angeregt in dieser Umgebung und erst recht in dem kleinen kühlen und lauschigen Künstlergarten hinter der Villa, wo sich der Außenbereich des Cafés befindet. Unnötig zu sagen, dass ich dort einem selbst gebackenen Aprikosenkuchen, einer Kreation aus feinstem, buttrigen Mürbeteig und vollreifen Aprikosen verfiel – ob Salomé dran Schuld war oder die skandalumwitterte Eva aus dem ersten Stock – wer weiß das schon.

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