Lange habe ich hier nichts geschrieben. Während es also hier auf dem Blog recht still war, liefen die Zahnrädchen an anderer Stelle auf Hochtouren, nämlich in unserer Literaturgruppe Autoren unterwegs (Katharina Eismann, Johann Kneißl, Leo Pinkerton, Malgo Scholz, Gisela Wölbert und meine Wenigkeit). Ab Oktober, nach der letzten Lesung der Reihe „Literatur zur Werkzeit“ im Hafengarten, gingen wir mit der Anthologie in Produktion. Ein Verleger war bereits gefunden (Offenbacher Editionen bei Berthold Druck). Nun hieß es also die 12 Lesungen, die wir über das Jahr an verschiedenen, eher unliterarischen Orten zur Mittagszeit in Offenbach veranstaltet hatten, zwischen zwei Buchdeckel zu bringen. Wir hatten beschlossen, die Lesungen mit den Texten, die dort zu hören waren, in chronologischer Reihenfolge im Buch zu veröffentlichen. Außerdem Fotos, die während der Lesungen entstanden waren, in Schwarzweiß.
Wir lasen nun also alle unsere Texte nochmals haargenau. Die Schlusskorrektur übernahmen Leo und Gisela, die über Lektoratserfahrung verfügen. Weiterhin trafen wir uns jeden Mittwoch Vormittag, besprachen Korrekturen, wählten Fotos aus, schrieben ein Vorwort, diskutierten über die Ausstattung des Buches – und besprachen alles mit unserem Verleger Stefan Gey. Am 3. Dezember war es dann soweit: Pünktlich zur geplanten Lesezeit um 12 Uhr im Restaurant Trattodino erblickte unser leuchtend orangerotes Buch „Literatur zur Werkzeit“ das Licht der Welt. Und von dort aus trat es seine Reise an, in die Vorweihnachtszeit.
Gestern hatten wir die schöne Gelegenheit, es im Raum des Kunstvereins im Offenbacher KOMM einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen: 36 Zuhörer hatten sich in dem für den Kunstbazar derzeit besonders stimmungsvoll gestalteten Raum versammelt – inmitten von kunstvoll gearbeiteten Metallskulpturen, farbiger Teppichkunst und virtuosen Malereien – um unsere Lesung aus dem druckfrischen Buch mitzuerleben. Für die musikalische Begleitung unserer poetischen Miniaturen sorgte sehr einfühlsam der Gitarrist Pit Uferstein.
Für uns Autoren standen jeweils ein roter Sessel und ein Headset bereit. Den Anfang machte Malgo Scholz mit ein paar schmerzhaft bösen Zeilen über die Kunst. Ihre „gemobbte Seele“ ist in unserer Gruppe schon sprichwörtlich geworden.
Leo Pinkterton las ihre Kurzgeschichte „Mörphis Gesetz“, die sie eigens für eine unserer Lesungen geschrieben hatte. Die überraschende Wende der Geschichte besteht darin, dass sie trotz des Namens des Protagonisten doch noch gut ausgeht. Nach ihr schloss sich Gisela Wölbert an mit den beiden Gedichten „Regen News“ und „Neue Aprikosen“ an. In letzterem nimmt die Frankfurter Autorin unserer Gruppe mit wunderbar bissigem Witz unsere Konsumgesellschaft aufs Korn. Ich las danach meine Erzählung „Die Kinder von Smederevo“, zu der eine Skizze bereits während einer Chorfahrt nach Serbien 2011 entstanden war. Durch die regelmäßigen Lesungen mit der Gruppe, musste ich endlich Nägel mit Köpfen machen – und die Geschichte von vorn bis hinten erzählen. Das bedeutet ja immer, dass man sich in eine Situation wirklich hineinbegibt – mit Haut und Haaren sozusagen.
Meine Geschichte geht von Smederevo nach Offenbach und dort blieb auch Katharina Eismann mit ihren quicklebendigen „Marktstationen in fünf Akten“, worin Offenbacher einiges wieder erkennen können. Johann Kneißl machte den Abschluss mit einer herrlichen kleinen Persiflage auf unsere Weihnachtsfeiertagsrituale „Mal raus können“ und der bissig-österreichischen Wirtschaftsbeobachtung „Wiener Neustadt – Café Stadler“, wobei er einmal mehr unter Beweis stellte, dass alle Offenbacher Integrationsversuche die muttersprachliche Mundart nicht verwässern konnten. Alle Texte wurden von Pit Uferstein sehr treffend, kurzweilig und virtuos untermalt. Danach war Signierstunde und unsere orangen Büchlein kamen unters Volk. Die gute Nachricht: Es gibt noch welche. Im Buchladen am Markt, in der Steinmetzschen Buchhandlung, bei Thalia, an allen Leseorten oder bei uns (Preis 14,80 Euro, ISBN 978-3-939537-35-9). Wir danken dem Kunstverein Offenbach und Ulrike Djellouli-Della für die wundervolle Plattform. Vielen Dank für das schöne Foto an Sven Eismann.