Ohrenschmaus mit Gänsehaut von Patrik Bishay und David Ambrose im Convention Center Messe

Der erste Herbststurm mit viel Wind und Regen erwischte mich, als ich den Eingang des Convention Center der Messe Offenbach suchte – der liegt nämlich etwas versteckt zwischen Capitol und Messe im Hinterhof. Als ich die Tür erreichte, war ich frisch geduscht – zum zweiten Mal an diesem Tag. Ich trage selten Funktionskleidung und schon gar nicht, wenn ich zu einem Konzert oder einem Live-Hörspiel gehe – und das war der Anlass: Das Live-Hörspiel EX nach dem Roman von David Ambrose und der Komposition von Patrik Bishay. Alle Damen, die es erwischt hatte, fanden sich kurz nach der Ankunft in der Toilette wieder, um sich notdürftig mit Papierhandtüchern ein wenig zu trocknen. Den Wet-Look, den mein Haar aufwies, werde ich so nie mehr hinbekommen. Mein leichter Wollmantel war so nass geworden, dass er ausgebreitet auf den Boden hingelegt werden musste, denn eine Garderobe mit Kleiderbügeln etc. gab es leider nicht.

Überhaupt hätte man diesem musikalischen Wortereignis einen etwas festlicheren Rahmen gewünscht, denn das Convention Center der Messe ist doch sehr nüchtern, zudem stand noch der Laufsteg von der ILM und die Beleuchtung war nicht optimal. Nun gut, alle setzten sich und warteten noch ein Weilchen, bis weitere vom Unwetter überraschte Besucher eingetroffen waren. Meine Füße waren sehr nass, mein Kleid in unteren Teilen auch – und wenn ich nicht gewusst hätte, dass mich bei Patrick Bishay immer ein spannender und toll komponierter Musikgenuss erwartete, weiß ich nicht, ob ich geblieben wäre. Aber ich blieb und sollte es nicht bereuen. Ralph Philipp Ziegler, der mit dem Live-Hörspiel eine neue Reihe startet, hatte es vorausgesagt.

Denn schon als der britische Autor David Ambrose die Fragen von Patrik Bishay beantwortete – und klar wurde, dass er neben seinen spannenden Thrillern, die ich leider nicht kenne, auch noch sehr bekannte Drehbücher und Teile von Star Trek geschrieben hat, versprach der Abend spannend zu werden. Patrik Bishay erzählte, dass er den Roman zum ersten Mal als Jugendlicher in Paris gelesen hätte – und deshalb von der Stadt damals nichts gesehen hätte. Das Buch hat ihn seither begleitet und er wollte mit dem Stoff immer etwas machen, vielleicht eine Oper, aber er konnte damals keinen Kontakt zu David Ambrose finden. Um so schöner, dass der Autor an dem Abend der Uraufführung in Offenbach sein konnte.

Diese war dann tatsächlich vom ersten Satz an der allesamt hervorragenden SprecherInnen sehr spannend – man kann sagen, die Zuhörer hielten den Atem an, um nur alles mitzubekommen. Zusätzlich zu Musikern des Capitol Symphonie Orchesters und den sieben Sprechern, untermalte eine interessante Filmcollage, die einzelne Personen und Orte oder Gegenstände der Handlung einspielte, das Geschehen. Dabei wurde der sogenannte Bleach-Bypass-Effekt verwendet, bei dem der Vorgang des Bleichens bei der Farbfilmentwicklung teilweise oder komplett ausgelassen wird. Wer den Kinohit „Seven“ damals gesehen hat, weiß um die Wirkung. Da werden symbolhaft Namen und Dinge eingeblendet, in einer Art Superacht-Manier, die durch leichtes Verwackeln und andere Effekte, das Unheimliche der Handlung, die sich mit Phänomenen des Übernatürlichen befasst, unterstreichen.

Die Geschichte geht so: An der Manhattan University plant eine Gruppe um den Psychologen Sam Towne ein spektakuläres Experiment. Um zu beweisen, dass es sich bei Geistererscheinungen nicht um jenseitige Wesen, sondern um Halluzinationen der sie erlebenden Menschen handelt, bereitet das Team die Erschaffung eines Geists vor. Journalistin Joanna Cross hat zuvor bereits einen Kreis von Spiritisten aufgedeckt und wird deshalb von Ellie Ray mit einem fürchterlichen Fluch belegt. Damit beginnt Joannas Misere: Das Experiment gelingt in der Tat, doch sind die Auswirkungen für die Teilnehmergruppe alles andere als erfreulich, denn der erschaffene Geist „Adam Wyatt“ zeigt so gar keine Bereitschaft, das Experiment enden zu lassen. Viel lieber möchte er, dass seine Erschaffer die   Realität verlassen. Realität und Illusion, Materie und Geist beginnen sich zu durchdringen.

Den Hörspieltext hat Patrik Bishay in zweijähriger Arbeit von der ersten bis zur letzten Minute durchkomponiert, so dass eine sehr dichte Atmosphäre entsteht und die Zuhörer das Gefühl haben, Teil der Handlung zu werden. Man wird buchstäblich gepackt von den Ereignissen und fiebert mit Joanna und Sam, die ein Liebespaar werden, dem Ende entgegen. Auch die Pause konnte diese Spannung aus Stimmen, Instrumenten und Bildern kaum unterbrechen. Besonders viel hatten die Streicher zu tun, die immer wieder den Spannungsbogen musikalisch aufbauten. Aber auch Flöte, Oboe und Hörner sowie das Cello waren unermüdlich im Einsatz und verschafften den Zuhörern Gänsehaut.

Die Inszenierung des packenden Mystery-Thrillers ist der Beginn der neuen Hörspiel-Reihe des Amts für Kultur- und Sportmanagement der Stadt Offenbach. Das nächste Spektakel dieser Art soll in der Alten Schlosserei stattfinden. Wer eine schaurig-schöne Ahnung von Patrik Bishays Musik bekommen möchte, geht am besten in das Konzert HalloWeeihnacht der Capitol Classic Lounge. Da wird in verschiedenen Musikstücken die Schattenseite des Festes nährgebracht und Patrik Bishay glänzt mit einer Vertonung von Charles Dickens‘ Weihnachtsgeschichte. Die Rhein-Main-Vokalisten untermalen mit dem Orchester stimmlich. Dirigieren wird Steven Lloyd Gonzales.

Neulich im Mai hatte ich so einen Tag in Frankfurt mit vielen Terminen und zwischendurch einer Stunde Atempause. Die verbrachte ich im Plank, weil ich zwischen Bockenheim und Sachsenhausen hin- und hermusste. Das Plank Münchener/Ecke Elbestraße im Bahnhofsviertel gelegen, ist tagsüber nämlich ein sehr nettes Café. Es bietet Ruhe, W-LAN und die besten portugiesischen Törtchen, die man sich vorstellen kann.

Eigentlich hatte ich andere Themen zu bewältigen, aber ich hatte auch eine Entscheidung zu treffen. Nämlich, ob ich mit meinem Büro umziehen sollte, in ein anderes Domizil. Denn mein Untermieter hatte mir gekündigt und es tat sich an anderer Stelle eine tolle Möglichkeit auf. In einem hübschen hellen Ziegelsteinbau, ruhig gelegen und doch voll im Leben, war eine Etage frei geworden. In der Eisfabrik – die einige vielleicht von den Kunstansichten her kennen, von hochkarätigen Fotoausstellungen rund um René Spalek. Die Alternative wäre gewesen, mich zuhause mit meinem Schreibtisch einzurichten. Aber irgendwie wollte er da nicht so recht reinpassen, weder gedanklich noch nach Maß.

Ich setzte mich also bei verheißungsvollem Blau ins Plank und schrieb Vor- und Nachteile auf. Dann telefonierte ich mit einer wichtigen mir zugetanen Person. Die sagte einen entscheidenden Satz: Ich glaube, dass dieser Umzug Dich größer macht, in Deiner Kreativität. Damit war doch eigentlich alles gesagt. Der Schreibtisch in der Wohnung würde meine Kreativität bestimmt nicht größer machen.

Außerdem war es mein erster Impuls, als ich die Anzeige auf Facebook gelesen hatte: Dort mein Glück zu versuchen, denn so etwas hatte mir immer vorgeschwebt. Inzwischen ist der Vertrag unterschrieben und erste Messungen sind erfolgt. Ab August gibt es frische Worte aus der Eisfabrik.

Und was für ein wunderbarer Nebenumstand: In der Eisfabrik wurde Speiseeis fabriziert. Italienisches. Von der Firma Rudella. Romollo Delaidotti war einer der ersten italienischen Einwanderer in Offenbach. Im Café seines Bruders, dem Delaidotti, war ich als Kind noch gewesen und dort wurde meiner Tante ein wertvoller Kamelhaarmantel vertauscht – aber das ist eine andere Geschichte.

Der Himmel so blau, dass die Mittagspause heute für einen kleinen Spaziergang durch die winterliche Stadt genutzt werden muss. Ich laufe durch das Offenbacher Westend und dann führt mein Rückweg am Café „Mein Lieblingsplatz“ vorbei, wo ich mich mit einem doppelten Espresso von Kaffee Wacker aufmuntere.

Da kommt ein Mann herein, der zielstrebig zur wunderbaren Kuchentheke eilt und sagte, er habe Marmorkuchen und Schokotarte zurücklegen lassen. Ich wusste gar nicht, dass sowas möglich ist, obwohl in diesem kleinen Kaffeehaus durchaus sinnvoll. Er und Betreiberin Caroline Bafkham, mit dem gesegneten Händchen für feines Backwerk, unterhalten sich angeregt über ein Buch. Aus dem Gespräch errate ich, dass es sich um „Der Koch“ von Martin Suter handelt. Es spielt wohl zum Teil in Sri Lanka und sehr einfühlsam wird darin das Leben des Kochs geschildert. Man kann sich so gut hineinversetzen in diese Welt, sagt Caroline und dann: Ich muss gerade mal nach dem Kuchen kucken. Sie verschwindet nach hinten und langsam erfüllt köstlicher Duft nach Frischgebackenem den so liebevoll eingerichteten Raum. Der „alte Offenbacher“, wie sich der Kuchenesser selbst nennt, erzählt von anderen Suter-Romanen und lobt des Autors Vielseitigkeit. Auch die Detektiv-Romane, in denen ein gewisser Kommissar Allmen im Mittelpunkt steht, seien sehr gut geschrieben. Dieser Kommissar lebt ständig über seine Verhältnisse und hat sogar einen Chauffeur, erzählt der Kuchenesser. Caroline erwidert: Wir hatten auch mal einen Chauffeur. Das war in Moskau noch vor der Wende. Ich sage: Oh, so könnte ich auch mal leben, einen Monat lang vielleicht. Dann wäre ich pleite. Zu Hause im Regal habe ich auch einen Roman von Suter, seinen ersten wohl: Small World. Die Unterhaltung hat mir Lust gemacht, diesen zu lesen. Aber das mache ich erst, wenn ich meinen eigenen Roman nochmals durchgesehen habe. Und auch erst dann gönne ich mir so ein himmlisches Baiser-Törtchen wie auf dem Bild.

Am Morgen des vierten Januar 2016 brennt bei Angelo, in der Salumeria Ecke Karlstraße schon Licht. Erste Panini werden mit Schinken belegt. Zwei Sizilianer schimpfen über irgendwas. Sie scheinen sind genauso schlecht gelaunt wie ich. Vom Himmel herunter geht Schnee in Regen über. Die höchsten Stockwerke des City-Towers sind geheimnisvoll in Nebel gehüllt. Am Markthäuschen tritt der Wirt vor seine Tür und raucht. Die Cafébar auf der Bieberer hat noch Kaffeepause. Bei Koffer-Roth, neue Kollektion. Ich sehe aus dem Augenwinkel ein elegantes, schwarzes Rucksäckchen. Bei Kaufhof sind die Scheiben rot verklebt. Hier gibt’s alles für die Hälfte. Am Aliceplatz wird der Weihnachtsmarkt abgebaut. Von der Mandelbude schraubt einer die großen Plastikkerzen ab und lädt sie auf einen Kleinlaster. An der leerstehenden City-Passage räumt eine Künstlerin ihre Werke ins Auto. Der Kunstsupermarkt hat ausverkauft. Gegenüber eröffnet ein türkischer Bäcker Yildrim.

Wenigstens bei Pedro gibt’s Kaffee und Wärme. Ich setze mich auf meinen lila Lieblingssessel. An der Theke bereitet die schlanke Schwarzhaarige Espresso zu. Sie trägt einen roten Schlips zur weißen Bluse und ist freundlich, wie im letzten Jahr. Draußen ist es grau und die Leute gehen die Frankfurter hoch und runter, oft mit dem Smartphone am Ohr, oft mit den immergleichen Zielen. Die Schwarzhaarige schlägt den Siebträger auf. Es zischt. Ich hole meinen Espresso und schreibe mich ein für’s neue Jahr.

Die Zeitung bleibt ungelesen am Ständer hängen – zum Glück. Manche Neuigkeiten sind ganz und gar nicht nicht zu begrüßen. Man würde es vorziehen, lieber nie von ihnen erfahren.

Ein kleines italienisches Café in der Karlstraße 29 in Offenbach kann auch zuweilen ein Treffpunkt für die große Welt sein. So zum Beispiel heute gegen Mittag: Ich kam auf einen Espresso herein und mein Stammplatz war belegt. Als ich näher hinsah, bemerkte ich, dass ich zumindest einen der Herren von vielen Projekten im Offenbacher Kulturleben kannte. Es war Dr. Ralph Philipp Ziegler, der dort neben einem sympathischen und wachäugigen jungen Herrn saß, gegenüber zwei weitere Herren, offensichtlich Journalisten, die eifrig schrieben. Alle schienen in ein Projekt vertieft und so setzte ich mich still grüßend an das noch freie Bänkchen am rechten Ende des Raumes, bestellte Espresso und ein köstliches zart blätterndes mit Ricotta gefülltes Gebäck. Hin und wieder kreuzten sich die Blicke und kurz darauf, bat mich Ralph Philipp Ziegler zu der kleinen Gesellschaft und stellte mich den Herren vor: Der Wachäugige war kein Geringerer als der international tätige Opern- und Konzertdirigent Roland Böer, der mit Ralph Philipp Ziegler maßgeblich am Aufbau der erfolgreichen Offenbacher Konzertreihe Capitol Classic Lounge beteiligt war, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert.

Hocherfreut über diesen interessanten Zufall hörte ich von dem Jubiläums-Auftaktkonzert am 11. Oktober 2015. Dann wird Roland Böer die 5. Sinfonie von Gustav Mahler im Capitol dirigieren. Für dieses fulminante Musikfeuerwerk hat die Neue Philharmonie Frankfurt tatsächlich 75 Konzertmusiker auf die Bühne gebeten – die einiges leisten müssen. Denn das anspruchsvolle Werk appelliert sowohl an die physischen wie psychischen Konditionen der Neuen Philharmoniker: Auf Blechbläser und Streicher warten irrsinnig temporeiche und exponierte Soli, denen die Zuhörer schon jetzt entgegen fiebern dürfen.

Die 1904 uraufgeführte Fünfte ist eine sehr poetische und emotionale Komposition. „Sie explodiert und implodiert, leuchtet, verblasst und gewinnt wieder Gestalt in einem den Kosmos füllenden Triumph“, heiß es in der Ankündigung der Capitol Classic Lounge. Deshalb ist die Fünfte hochaktuell und war immer wieder Projektionsstoff für seelische Dramen, so besonders das bekannte Adagietto, welches Mahler seiner jungen Frau Alma widmete und welches Luigi Visconti in seinem legendärem Film „Tod in Venedig“ als sehnsuchtsvoll schwebende Untermalung verwendete.

Roland Böer, der schon den Anfang der Classic Lounge begleitete, dirigiert mittlerweile an der Mailänder Scala, der Wiener Volksoper oder dem London Symphony Orchestra. Für das Offenbacher Jubiläumskonzert musste ein anderes berühmtes Orchester seinen Probenplan so stricken, dass auch für die Classic Lounge noch genügend Zeit bleibt. Denn gleich nach unserem sehr inspirierenden Gespräch in der kleinen Pasticceria reiste Roland Böer nach Florenz, wo er „Cosí fan tutte“ an der dortigen Oper dirigieren wird.

Der weitgereiste Kapellmeister wohnt mit seiner Familie im Offenbacher Mathildenviertel, wohin er sehr gern nach Hause kommt. Studiert hat er in Frankfurt und Würzburg, bevor er von 2002 bis 2008 an der Oper Frankfurt dirigierte. Danach gab es Stationen in Mailand und London, in Berlin, Nizza und Wien. Eine DVD mit Roland Böers Debüt am Teatro alla Scala mit der „Zauberflöte“ in der Produktion von William Kentridge ist bei OPUS ARTE erschienen.

Die 5. Sinfonie von Gustav Mahler unter der Leitung von Roland Böer wird am 11. Oktober um 17 Uhr in der Capitol Classic Lounge in Offenbach zu hören sein. Der Vorverkauf läuft und ich habe mir endlich alle Sinfonien im Paket bestellt, um mich schon mal einzustimmen. Ralph Philipp Ziegler und Roland Böer danke ich für das anregende Gespräch.

Gestern war ein schöner sonniger Januartag – wie gemacht, um die Winterdepression mit etwas Licht in die Flucht zu schlagen. Ich hatte eine Gästekarte für den Neujahrsempfang im Klingspormuseum bekommen und also kurzentschlossen betrat ich etwas nach halb zwölf die gute Stube Offenbachs, das Klingspor-Museum, untergebracht in einem Flügel des Büsingpalais. Licht durchflutet empfing mich das Treppenhaus. Von oben hörte ich Stimmengemurmel und folgte ihm. Stefan Soltek war schon in seiner Rede und faltete, gemeinsam mit Barbara Levi-Wach ein wunderbares Kunstbuch in Form eines Leporello, das den New Yorker Sunset Strip in voller Länge zeigt, auseinander – eine besonders schöne Erwerbung dieses für die Offenbacher Stadtgeschichte so wichtigen Museums der Buchstabenkunst. Stefan Soltek bezeichnete das Werk trefflich als frühe Version von Google Street View. Zu den Feierlichkeiten spielten drei Jungsaxofonisten frischmelodisch auf, dass es eine Freude war. Dazu blinkte immer mal wieder die Wintersonne durch die Fenster und ich entdeckte eine schöne Arbeit von Max Ernst. Die Schätze des Hauses muss ich mir einmal ganz in Ruhe ansehen, beschloss ich.

Nach netten Gesprächen mit den Freunden des Klingspor Museums e.V. ging es vorbei am Bernardbau hinunter an den Main, wo die neue Karl-Ulrich-Brücke und ein viel diskutiertes neues Parkhaus am neuen Hafenareal am Weg lagen. Diese Gegend ist geprägt von Vergehen und Entstehen von Ende und Anfang. Hier noch Spuren alter Industrieanlagen, dort schon neues Wohnen am Main, hier noch Reste der Partymeile auf der Hafeninsel oder der im Winterschlaf befindliche Hafengarten, dort schon hoch aufragend die neue Brücke nach Frankfurt und das hoch aufragende EZB-Haus.

Dort ganz in der Nähe befand sich mein Ziel, nachdem ich mich noch kurz mit einem heißen Apfelwein im Vereinslokal der Frankfurter Ruderer aufgewärmt hatte. Der Kunstverein Montez, nach dem Exil nun beheimatet unter der Brücke, das heißt in den zwei letzten Brückenbögen, die eine sehr gelungene Verbindung zwischen alter Industrie und neuer Kunst bilden, hatte eingeladen zur Finnissage der Ausstellung Treibhaus von Kai Teichert.

Als ich ankam, lockte das Licht sogleich in den großen Ausstellungssaal und das an der großen Wand befindliche Hauptwerk „Pfaueninsel“ zog mich mit seinen verschlungenen Menschenleibern und Vogelgestalten in seinen Bann. Immer noch weitere Köpfe und Körper möchte man erkennen im Blattwerk und im Gezweig. In ihrer duftigen Gegenständlichkeit, mit der lichten Farbigkeit von Pastell und Acryl auf Leinwand und Stoff zum Teil frei hängend, nehmen die Bilder die Verbindung zwischen den Kunstepochen auf und sind voller Zitate. Die Betrachterin fühlt sich erinnert an Breughel und Bosch, an Michelangelo und Cranach aber auch an die Symbolisten – gleichzeitig knüpfen die freizügig dargestellten vielen Paare das Band ins Hier und Jetzt.

Schnell hatte ich auch noch ein anderes, kleineres Lieblingsbild am Beton hängend gefunden, das sowohl Elemente der Pfaueninsel als auch des großen japanischen Blütenbildes in sich vereint. Danach ließen Kaffee und Kuchen sich vortrefflich genießen im prachtvollen Betonfoyer.

Zum zweiten Mal bin ich in der kleinen madrilenischen Bar Informal in Offenbacher Salzgässchen. Es ist schwül und ich bestelle einen Café con Hielo. „Wirklich?“, fragt der schwarzäugige Wirt. „Mit Eiswürfeln?“ „Ja“, antworte ich knapp, aber bestimmt. „Sie sind die erste, die hier einen Café con Hielo bestellt“, sagt er und lächelt anerkennend. Er stellt mir ein typisch spanisches Caféglas mit Eiswürfeln darin hin, dazu Zucker und Löffel. Wenig später gießt er den frisch gebrauten Schwarzen aus einer weißen Tasse erbarmungslos über die Eiswürfel, die sofort weg sind. Ich gebe Zucker dazu, rühre um – eine köstliche Erfrischung bei diesem tropischen Wetter.

Während ich das schreibe, verlangt eine Blonde nach dem Toilettenschlüssel. Die Stimme kenne ich doch. Einer Bürgelerin gehört sie, die ich vom Kunstverein her kenne. Sie erzählt mir, dass sie ein Grundstück sucht, auf das sie einen Zirkuswagen stellen darf. Dort möchte sie fortan mit ihrem Lebensgefährten wohnen. Ich frage sie, wo man denn einen Zirkuswagen herbekommt. Aus dem Internet, sagt sie. Natürlich, hätte ich mir ja denken können. Dort gibt es ja nichts, was es nicht gibt. Jedenfalls amüsiert mich diese Idee für einen ungewöhnlichen Alterswohnsitz.

Die Blonde verabschiedet sich und eilt nach draußen, wo der Lebensgefährte wartet. Mein Blick folgt ihnen ein Stück. Am Tisch stehen die Männer und rauchen, dazu trinken sie Bier der Kultmarke „Mahou„. Die Wirtin trägt wohl gefüllte Tellerchen mit herzhaften spanischen Gerichten heraus oder kleine Brotchen mit Lomo Iberico. Ich ärgere mich, dass ich vorhin zu Hause schon ein Brötchen gegessen habe. Draußen gehen die Bierchen weg wie Limo – keiner schert sich um Alkohol oder gar um Gluten. Neben den Fläschchen welkt ein Schnittblumenstrauß für die Gattin zuhause langsam dahin. Das Informal scheint ein wunderbarer Ort, um einen Samstag Vormittag zu verplempern – oder vielleicht noch mehr – geöffnet ist bis 19.00 Uhr.

In den letzten Wochen führt mich mein Weg häufiger von der Kaiserstraße in die Domstraße. Kurz bevor man die Berliner überquert, liegt links die Bahnhofsstraße. Sie schein hinter einem Parkdeck in Vergessenheit geraten, obwohl von teils schönen alten Häusern gesäumt, führt sie hier ein Dasein im Verborgenen.

Einst war ich häufiger hier. Aber das ist eine halbe Ewigkeit her. Damals ging man noch „jugoslawisch“ essen im hier gelegenen „Dubrovnik“. Es war die Zeit der Grillteller und des „lustigen Bosniaken“ (so wurde ein Fleischspieß auf der Karte des Restaurants genannt). So eine Bezeichnung würde nach dem Lauf der Geschichte Befremden bei den Gästen hervorrufen.

Heute zwingt mich ein kleines Schaufester etwas weiter vorn zum Stehenbleiben. Da sind sie wieder: Die Barbiepuppen- und Fußballtorten. Solche hatte ich vor ein paar Jahren in der Geleitsstraße bewundert. Damals in einem türkischen Café. Hier, in der Bahnhofstraße, finden sich an der linken Fensterscheibe ein paar griechische Schriftzeichen, an den Auslagen polnische Bezeichnungen und auch der Name über dem Eingang „Café Saumon“ verrät mir die Herkunft nicht so recht. Eine Türkin Frau mit Kinderwagen, die mich darum bittet kurz auf ihren Sprössling aufzupassen, verrät mir, dass es hier die besten Kreppel gebe. Ich unterhalte mich mit ihr über Cafés und sie lobt das neue „Mein Lieblingsplatz“ in der Frankfurter Straße und die „Etagerie„. Beides sehr liebevoll eingerichtete und geführte Institutionen. Wir verabschieden uns und ich betrete das Café „Saumon„.

Der Anblick der Kuchentheke lässt mein Herz höher schlagen: Da stehen Käsekuchen, Himbeer- und Bananen-Schoko-Torte auf der rechten Seite. Links gibt es viel selbstgefertigtes Gebäck. Die meisten Bezeichnungen erscheinen mir polnisch. Aber die Inneneinrichtung wirkt mit den bunten Holzmöbeln und weißen Tischdecken, eher mediterran, erinnert mich an ein Café in Istanbul. Ich nehme auf einem der grünen Holzbänkchen, die liebevoll mit weißen Deckchen ausgelegt sind, Platz.
Eine gerade noch junge, schlanke, hellblonde Frau kommt auf mich zu. Sie zählt mir Teesorten auf, darunter auch Bergtee, für den ich mich entscheide. Er kommt in einem kleinen blau emaillierten Kännchen, was ich sehr nett finde im Gegensatz zu manchmal halbvollen Teegläsern, die man anderswo bekommt.

Ich sehe mir die Torten an, wähle „Malinowe Fale“ (Himbeer-Schoko) und frage die blonde Frau, wie es kommt, dass sie griechische und polnische Spezialitäten in Kombination anbieten. Sie erklärt, der frühere Betreiber des Café sei Grieche gewesen. Einige Gebäckstücke und der Bergtee waren sehr beliebt. „So haben wir neben den polnischen Torten Bergtee und Baklava beibehalten“.

Ich schreibe ein paar Zeilen in mein Notizbuch. Inzwischen herrscht reger Verkehr in der kleinen Konditorei. Ein DHL-Mann türkischer Herkunft kommt herein, liefert sein Paket ab und kauft drei Stücke Bananenkuchen mit Vanille-Pudding und Schokoguss. Er gibt die Klinke zwei jungen Damen in die Hand. Zurechtgemacht und duftend stehen sie vor der Theke. In ihrem Dialog erkenne ich serbokroatische Worte. Sie fragen nach einer Kindertorte für den Geburtstag eines zweijährigen Mädchens. Erstmals kommt der junge Konditor aus der Backstube hervor. Er zeigt einen Schokokuchen, bietet freundlich an, ihn mit rosa Zuckerschrift, Püppchen und Kerzen für das Mädchen zu verzieren. Die Lösung gefällt, der Kuchen wird verwandelt, die Damen verlassen gut gelaunt die Konditorei. Ein Deutscher kommt herein und nimmt einen Quarkkuchen mit Kirschen mit. Draußen kläfft hell sein Hündchen. Der Bergtee schmeckt herrlich. Die zarte Himbeer-Schoko-Torte ist schon weg und ich muss zurück ins Büro.

Draußen blicke ich nochmals am Eingang hoch und entdecke rechts davon ein schwarzes Blechschild. Es scheint alt zu sein und ein Schriftzug ist noch gut zu erkennen: „W. Gölz 1902-1962“. Den Namen kenne ich gut. Mein Vater hat mir oft vom Bäcker Gölz erzählt, und dass er in der Bahnhofstraße seine Ausbildung zum Konditor gemacht hat. Papa hat dann später ins Kaufmännische gewechselt, denn mit Konditoreiwaren war es beschwerlich sein Geld zu verdienen.

Und gerade deshalb freut es mich sehr, dass sich in diesem kleinen Laden in der Bahnhofstraße immer noch eine Konditorei befindet, mit offenbar regem Zulauf.

Am 27. Juli war vielleicht der heißeste Tag dieses Sommers, auf jeden Fall aber der heißeste Tag des Julis 2013. Gleichzeitig war es der Tag einer kleinen Premiere. Denn es war eine Lesung geplant aus meinem Stadtführer „Offenbach zu Fuß“ mit anschließender kleiner Führung auf Goethes und Lilis Spuren durch die klassischste Ecke Offenbachs mit einem Ausklang im Gemeindehaus der französisch-reformierten Kirche. Ich habe mich sehr über diese Möglichkeit gefreut, denn ich war selbst noch nie in diesem Haus in der Herrnstraße 66, was 1775 als Vermächtnis der Pfarrerswitwe Anna Maria Romagnac in den Besitz der französisch-reformierten Gemeinde gelangte. Es ist das älteste noch erhaltene Haus hugenottischer Bauweise in Offenbach.

Um so schöner, dass wir gestern die Gelegenheit hatten, es einmal von innen zu betrachten. Mit mir waren knapp 40 Teilnehmer, die tapfer mit mir die kleine Tour die Herrnstraße entlang Richtung Main, dann ein Stück am Main entlang, nach links über Speyerstraße und Linsenberg und durch den Büsingpark gewandert waren. Wobei viele leicht nostalgisch, aber den Temperaturen durchaus angemessen mit Strohhut und Fächer gewappnet dem gleißenden Licht würdig trotzten. So waren auch unsere kleinen Pausen unter Bäumen, wo ich ein paar Gedichte von Goethe an und über Lili gelesen habe, dazu angetan unsere kleine Zeitreise perfekt zu machen.

So ähnlich wie der Salon des Pfarrhauses der französisch reformierten Gemeinde mag es nebenan im Hause André, Herrnstraße 54, wo Goethe und Lili ein und ausgingen auch ausgesehen haben. Der schöne eingebaute Eckschrank stammt wohl noch aus der Zeit. Es war eine Freunde, den Raum nun so fröhlich bevölkert und die Offenbacher und interessierte Besucher sozusagen in ihrer eigenen Stadtgeschichte sitzen zu sehen. Alle tranken Kaffee, aßen den guten Blechkuchen von Bäcker Beck und schnatterten durcheinander, so ähnlich wie bei Gesellschaften früher eben auch geschnattert wurde.

Zur Erinnerung möchte ich hier noch einmal das Gedicht Lili’s Park von Goethe, das gestern besonders auch den Herren sehr gefallen hat, zitieren. Zumal ich es gestern der Hitze wegen nur in einer ziemlich gekürzten Version zum Besten geben konnte. Hier können es sich alle nochmals in voller Länge auf der Zunge zergehen lassen:

Lili’s Park

Ist doch keine Menagerie
So bunt als meiner Lili ihre!
Sie hat darin die wunderbarsten Tiere
Und kriegt sie ‚rein, weiß selbst nicht wie.
O wie sie hüpfen, laufen, trappeln,
Mit abgestumpften Flügeln zappeln,
Die armen Prinzen allzumal,
In nie gelöschter Liebesqual!

„Wie hieß die Fee? Lili?“ – Fragt nicht nach ihr!
Kennt ihr sie nicht, so danket Gott dafür.

Welch ein Geräusch, welch ein Gegacker,
Wenn sie sich in die Türe stellt
Und in der Hand das Futterkörbchen hält!
Welch ein Gequiek, welch ein Gequacker!
Alle Bäume, alle Büsche
Scheinen lebendig zu werden:
So stürzen sich ganze Herden
Zu ihren Füßen; sogar im Bassin die Fische
Patschen ungeduldig mit den Köpfen heraus.
Und sie streut dann das Futter aus
Mit einem Blick – Götter zu entzücken,
Geschweige die Bestien. Da geht’s an ein Picken,
An ein Schlürfen, an ein Hacken;
Sie stürzen einander über die Nacken,
Schieben sich, drängen sich, reißen sich,
Jagen sich, ängsten sich, beißen sich –
Und das all um ein Stückchen Brot,
Das, trocken, aus den schönen Händen schmeckt,
Als hätt‘ es in Ambrosia gesteckt.

Aber der Blick auch! der Ton,
Wenn sie ruft: „Pipi! Pipi!“,
Zöge den Adler Jupiters vom Thron;
Der Venus Taubenpaar,
Ja der eitle Pfau sogar,
Ich schwöre, sie kämen,
Wenn sie den Ton von weitem nur vernähmen.
Denn so hat sie aus des Waldes Nacht
Einen Bären, ungeleckt und ungezogen,
Unter ihren Beschluß herein betrogen,
Unter die zahme Kompanie gebracht
Und mit den andern zahm gemacht:
Bis auf einen gewissen Punkt, versteht sich!
Wie schön und ach! wie gut
Schien sie zu sein! Ich hätte mein Blut
Gegeben, um ihre Blumen zu begießen.

„Ihr sagtet: ich! Wie? Wer?“
Gut denn, ihr Herrn, gradaus: Ich bin der Bär;
In einem Filetschurz gefangen,
An einem Seidenfaden ihr zu Füßen.
Doch wie das alles zugegangen,
Erzähl‘ ich euch zur andern Zeit;
Dazu bin ich zu wütig heut.

Denn ha! steh‘ ich so an der Ecke
Und hör‘ von weitem das Geschnatter,
Seh‘ das Geflitter, das Geflatter,
Kehr‘ ich mich um
Und brumm‘,
Und renne rückwärts eine Strecke,
Und seh‘ mich um
Und brumm‘,
Und laufe wieder eine Strecke,
Und kehr doch endlich wieder um.

Dann fängt’s auf einmal an zu rasen,
Ein mächt’ger Geist schnaubt aus der Nasen,
Es wildzt die innere Natur.
Was, du ein Tor, ein Häschen nur!
So ein Pipi! Eichhörnchen, Nuß zu knacken;
Ich sträube meinen borst’gen Nacken,
Zu dienen ungewöhnt.
Ein jedes aufgestutzte Bäumchen höhnt
Mich an! Ich flieh vom Bowlinggreen,
Vom niedlich glatt gemähten Grase;
Der Buchsbaum zieht mir eine Nase,
Ich flieh ins dunkelste Gebüsche hin,
Durchs Gehege zu dringen,
Über die Planken zu springen!
Mir versagt Klettern und Sprung,
Ein Zauber bleit mich nieder,
Ein Zauber häkelt mich wider,
Ich arbeite mich ab, und bin ich matt genung,
Dann lieg‘ ich an gekünstelten Kaskaden
Und kau‘ und wein‘ und wälze halb mich tot,
Und ach! es hören meine Not
Nur porzellanene Oreaden.

Auf einmal! Ach, es dringt
Ein seliges Gefühl durch alle meine Glieder!
Sie ist’s, die dort in ihrer Laube singt!
Ich höre die liebe, liebe Stimme wieder,
Die ganze Luft ist warm, ist blütevoll.
Ach, singt sie wohl, daß ich sie hören soll?
Ich dringe zu, tret alle Sträuche nieder,
Die Büsche fliehn, die Bäume weichen mir,
Und so – zu ihren Füßen liegt das Tier.

Sie sieht es an: „Ein Ungeheuer! doch drollig!
Für einen Bären zu mild,
Für einen Pudel zu wild,
So zottig, täpsig, knollig!“
Sie streicht ihm mit dem Füßchen übern Rücken;
Er denkt im Paradiese zu sein.
Wie ihn alle sieben Sinne jücken!
Und sie – sieht ganz gelassen drein.
Ich küß‘ ihre Schuhe, kau an den Sohlen,
So sittig, als ein Bär nur mag;
Ganz sachte heb ich mich und schwinge mich
verstohlen
Leis an ihr Knie – am günst’gen Tag
Läßt sie’s geschehn und kraut mir um die Ohren
Und patscht mich mit mutwillig derbem Schlag;
Ich knurr‘, in Wonne neu geboren;
Dann fordert sie mit süßem, eitlem Spotte:
„Allons tout doux! eh la menotte!
Et faites serviteur
Comme un joli seigneur.“
So treibt sie’s fort mit Spiel und Lachen!
Es hofft der oft betrogne Tor;
Doch will er sich ein bißchen unnütz machen,
Hält sie ihn kurz als wie zuvor.

Doch hat sie auch ein Fläschchen Balsamfeuers,
Dem keiner Erde Honig gleicht,
Wovon sie wohl einmal, von Lieb‘ und Treu‘ erweicht,
Um die verlechzten Lippen ihres Ungeheuers
Ein Tröpfchen mit der Fingerspitze streicht
Und wieder flieht und mich mir überläßt,
Und ich dann, losgebunden, fest
Gebannt bin, immer nach ihr ziehe,
Sie suche, schaudre, wieder fliehe –
So läßt sie den zerstörten Armen gehn,
Ist seiner Lust, ist seinen Schmerzen still;
Ha! manchmal läßt sie mir die Tür‘ halb offen stehn,
Seitblickt mich spottend an, ob ich nicht fliehen will.

Und ich! – Götter, ist’s in euren Händen,
Dieses dumpfe Zauberwerk zu enden,
Wie dank ich, wenn ihr mir die Freiheit schafft!
Doch sendet ihr mir keine Hülfe nieder –
Nicht ganz umsonst reck ich so meine Glieder:
Ich fühl’s! Ich schwör’s! Noch hab ich Kraft!

In den Räumen der früheren Bäckerei Zwick, Bleichstraße Ecke Karlstraße residiert seit einigen Jahren eine waschechte italienische Pasticceria. In dieser italienische Ecke des Mathildenviertels unterhalb der Marienkirche gehört sowas einfach dazu – und fand deshalb in „Offenbach zu Fuß“ bereits lobende Erwähnung. Doch kaum sind ein paar Monate vergangen, gibt es schon wieder Neues zu berichten: Der schöne Sternenhimmel, ein Relief oben am Jugendstilputzbau, ist leider der Restaurierung des Hauses zum Opfer gefallen. Jedenfalls ist davon nichts mehr zu sehen. Schade. Etwas weiter unten im Inneren der ehemaligen Bäckerei ist es nach der Renovierung wahrhaft himmlisch geworden.

Die Pasticceria lädt im neuen Ambiente zum Verweilen ein und ist kein bisschen finster mehr. Es ist ein sehr nettes kleines Café entstanden, in typisch süditalienischer Manier mit bisschen Stuck und Rokoko – aber gemütlich. Man kann sich nun mit ein paar himmlischen kleinen Süßigkeiten an einen der Tische setzen, einen wunderbaren Espresso trinken und einen sehr original-italienischen Augenblick erleben. Und manchmal dauert der Augenblick auch etwas länger – bis so ein ein kleines Kapitel fertig geschrieben ist beispielsweise.

Gestern aß ich mal keine Cannoli, sondern Mini-Obsttörtchen mit Erdbeeren und Pfirsich. Darunter verbarg sich eine himmlisch leichte Creme, einmal in rosa, einmal in weiß. Superfrisch und mit sehr viel Liebe gemacht. Unnötig zu sagen, dass er Espresso höchsten Ansprüchen genügt. Beim nächsten Mal werde ich mal keine Dolci essen, sondern die Arancini probieren, sizilianische Reisbällchen, die meist mit Hackfleisch und Erbsen gefüllt sind. Die konische Form weist eigentlich auf die Provinz Ragusa hin. Dazu würde wiederum auch  die barocke Einrichtung des Cafés passen. Eins steht fest: Die Pasticceria „Il Pasticcino“ hat das Zeug zu einem kleinen Kultort und Treffpunkt für Italiener und Wahlitaliener.

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