Neulich hatte ich endlich einmal Gelegenheit, die viel gepriesene Dachterrasse des Fleming’s Deluxe in Frankfurt zu besuchen und dort einen anregenden Abend zu verbringen. Keine Ahnung, warum ich das bisher noch nicht geschafft hatte. Vielleicht ist das Hochfahren doch irgendwie eine Hemmschwelle. Aber in der letzten Woche hatte ich eine offizielle Einladung, zum ersten Club-Abend des Deutsch Asiatischen Wirtschaftskreises.
Obwohl es sich beim Fleming’s um eine Einrichtung neueren Datums handelt, war dieser Abend doch auch eine Besuch im alten Frankfurt. Damit meine ich das Frankfurt, wie ich es in den siebziger Jahren kennengelernt habe, geprägt von geradlinigen, schmucklosen Nachkriegsbauten und einem gewissen Grauschleier, der über allem lag. Und auch, wenn das vielleicht auf den ersten Blick nicht so besonders schön erscheint, liegt für mich darin auch ein ganz bestimmter Reiz. Wahrscheinlich kommt er daher, dass Frankfurt die erste große Stadt war, in der ich mich als Teenager unbeobachtet bewegt habe. Und gerade die Gegend um den Eschenheimer Turm war so eine Ecke, wo ich öfters abends umhergestreift bin. Damals mit Kollegen und Kolleginnen aus der Degussa. Diese sehr geschäftige und immer etwas staubige Atmosphäre, erzeugt durch hohes Verkehrsaufkommen, marmorglatte kohlenmonoxidgegerbte Fassaden, dunkle Straßenschluchten und Leuchtreklamen von „Stiebel Eltron“ und „Grundig“ machten damals für mich Großstadt aus. In den blauorange gehaltenen U-Bahn-Höfen herrschte ein ganz bestimmter Geruch, den es nur in Frankfurt gab – vergleichbar mit dem Eigengeruch in der Pariser Metro, aber von ganz anderem Charakter. In Frankfurt roch es irgendwie metallisch scharf nach emsigem Treiben, während es in Paris eher nach muffigem Hotel, verbunden mit einer gewissen Sinnlichkeit, roch.
Am Eschenheimer Turm stand damals der sogenannte Métrobus, in dem sich eine sehr nette Bar, mit roten Lämpchen in den Fenstern, befand und im Volksbildungsheim gab es oben das TAT-Café, mit seinem intellektuellen Bohème-Flair, das mir gefiel. Und heute zwanzig Jahre später? Mit dem Fleming’s haben die Sanierer irgendwie einen Spagat zwischen den Zeiten geschafft, was in Frankfurt und vielleicht auch sonstwo selten ist. Die schönen Nachkriegsdetails im Haus, wie das aufpolierte silbern schimmernde Treppengeländer oder der Paternoster, mit dem ich gleich wie ein junges Mädchen einmal nach ganz oben durchgefahren bin, verleihen dem Haus einen besonderen Charme, den es ohne sie nicht besäße. Wäre das Fleming’s am Eschenheimer Turm in einem Neubau untergebracht, wäre es ein x-beliebiges Hotel mit einer x-beliebigen Terrasse. Aber so ist diese Terrasse ein Ort mit Atmosphäre – und nebenan lehnt freundlich der dicke Eschenheimer Turm und lässt einen über die immer wieder neuen architektonischen Herausforderungen dieser Stadt milde werden.